Der nüchtern gewählten und gezielt eingesetzten Farbsubstanz wird die Freiheit selbständiger vitaler Bewegung überlassen. Sie darf, den Gesetzen der Gravitation folgend, fließen. Spritzen ist erwünscht und verleiht den Malereien tendenziell Grenzen sprengende explosive Charakterzüge. Rainer, der auf ein komplexes Œuvre zurückblicken kann, zeigt sich hier voller Freude an der Malerei, am Kolorit, am Ausdruck, am Meditativen. Er weiß rationale Kompositionen emotional umzusetzen und natürlich ebenso mit den Problemen der Malerei wie mit der Kunstgeschichte zu spielen. Transparenzen und das je nach Werk mehr oder weniger dominierende Sichtbarlassen weißer Leinwandflächen sind charakteristisch.Wichtige malerische Gestaltungsprinzipen werden aus früheren Werkreihen, wie den für Rainer essenziellen Kreuzen2, übernommen und weiter entwickelt. Die jüngsten Arbeiten führen vor allem die erhöhte Farbigkeit, Transparenz und Leichtigkeit der Schleierbilder seit 1990 fort. In reduziertem Maße lassen die dichteren und dunkleren der jüngsten Werke die fälschlich oft als aggressive Akte interpretierten Übermalungen und Zumalungen erahnen, jenen für ihn typischen neuen künstlerischen Ausdrucksformen, die ihn ein Künstlerleben lang begleitet haben.
Arnulf Rainers Kunst wurzelt in der schwierigen, von Pessimismus geprägten Nachkriegszeit der jungen Republik Österreich. Sie musste sich in einer Gesellschaft entwickeln, die innovativen und modernen Kunsttendenzen gleichgültig und verständnislos gegenüberstand. Jan Hein Sassen attestiert in Arnulf Rainers Œuvre drei Hauptmerkmale: das Existentielle, das Kontemplative und das Expressive.3 In diesen reifen Werken dominiert die Gelassenheit, das zwanglose freie Atmen-Können. Beruhigt scheint der Kampf.
Vielleicht trifft auch der Begriff „Versöhnung“ den Geist dieser Bilder:Versöhnung mit der reinen Malerei (entgegen seiner „Malerei um die Malerei zu verlassen“, 1952)4, Versöhnung auch mit dem rätselhaften Menschendasein hier auf Erden. Und so man will, so kann man in ihrer betonten Vertikalität, einem Stilmerkmal besonders der französischen Gotik, auch eine subtile religiöse Komponente sehen. Es müssen nicht immer Kreuzeoder Christusköpfe sein, wenn es bei Arnulf Rainer um das Religiöse, das Mystische geht.
Demnächst in der Bierregion Innviertel
Ausstellung von ARNULF RAINER in der "Galerie am Stein"
- 21.12.2019 von 10:00 Uhr bis 12:00 Uhr
- Galerie am Stein, 4981 Reichersberg
- Kartenreservierung: http://www.galerieamstein.at/
Infos zum Veranstalter:
Galerie am SteinReichersberg 1
4981 Reichersberg
Email: info@galerie-am-stein.at
